Bilanz des vzbv ein Jahr vor der Wahl: Ampel muss offene Projekte anpacken

Stand:
Der Ampelkoalition bleibt nur noch ein Jahr Zeit, um verbraucherpolitische Vorhaben umzusetzen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bewertet in seiner Regierungsbilanz die aktuellen Erfolge und zeigt auf, wo die Bundesregierung dringend aktiv werden muss.
Eine Fahrradfahrerin vor dem Reichstag.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Bilanz des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zur Regierungsarbeit fällt durchwachsen aus.
  • Zum einen begrüßt der vzbv, dass die Sammelklage endlich kommt.
  • Zum anderen aber hat die Regierung bei den Reformen zur privaten Altersvorsorge und unabhängigen Patientenberatung die Verbraucher:innen aus dem Blick verloren.
  • Gleiches droht bei den Themen Werberegulierung ungesunder Lebensmittel und Klimageld.
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Seit der Wahl am 26. September 2021 sind drei Jahre vergangen. In der Halbzeitbilanz von 2023 stellte der vzbv der Ampelkoalition ein gemischtes Zeugnis aus: Viele verbraucherpolitische Projekte habe die Bundesregierung umgesetzt oder zumindest angestoßen. Bei einigen Verbraucherthemen bestand Nachholbedarf. Wie ist die Lage ein Jahr später und damit ein Jahr vor der nächsten Wahl?

„Wer konkrete Lösungen für die Alltagsprobleme von Verbraucher:innen sucht, schafft Vertrauen. Dem sollte die Bundesregierung in den verbleibenden Monaten Rechnung tragen. Von der Energiewende bis zu untergeschobenen Verträgen gibt es viele Baustellen“, sagt Ramona Pop, Vorständin des vzbv. „Im verbleibenden Jahr bis zur Bundestagswahl muss die Bundesregierung noch offene verbraucherpolitische Vorhaben dringend umsetzen.“

Die verbraucherpolitischen Erfolge der Bundesregierung

Sammelklagen: Im letzten Jahr lobte der vzbv die Sammelklagen, deren Einführung noch ausstand, als Erfolg der Bundesregierung. Mit diesem Instrument kann der vzbv direkt Schadensersatz für betroffene Verbraucher:innen einklagen. Seit Inkrafttreten der nationalen Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie am 12. Oktober 2023 hat der vzbv bereits sechs Sammelklagen eingereicht, hinzu kommt eine Sammelklage der Verbraucherzentrale Sachsen.

Digital Services Act (DSA): Das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG), wie die nationale Umsetzung des DSA lautet, stärkt die Verbraucherrechte und ihre Durchsetzung gegenüber Plattformen wie Amazon, ebay oder Facebook. Mit einer Untersuchung 100 Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes hat der vzbv erste Nachweise geliefert, an welchen Stellen Unternehmen in der Umsetzung noch nachbessern müssen. Der vzbv wird auch in Zukunft weiter sehr genau hinschauen und darauf hinwirken, dass die Regelungen durchgesetzt werden.

Solarpaket I: Mit dem Solarpaket I wurde die Teilhabe der Verbraucher:innen an der Energiewende deutlich erleichtert. Die bisher notwendige Anmeldung von Steckersolargeräten (Balkonsolargeräte) beim Netzbetreiber entfällt und die Anmeldung im Marktstammdatenregister wurde vereinfacht. Zudem können Geräte angeschlossen werden, auch wenn der Netzbetreiber noch keinen Zweirichtungszähler eingebaut hat.

Telefonische Krankschreibung: Ein weiterer Erfolg für Verbraucher:innen ist die dauerhafte Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung bei leichten Infekten. Das entlastet Patient:innen, weil sie nicht mehr für jede Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in eine Arztpraxis gehen müssen.

Diese Erfolge sind in Gefahr

Deutschlandticket: Das Deutschlandticket ist ein verbraucherpolitischer Meilenstein der Bundesregierung für die Verkehrswende. Im letzten Jahr stellte der vzbv bereits fest, dass viele Verbraucher:innen Kauf und Kündigung als zu kompliziert empfinden. In diesem Jahr kommt der andauernde Streit um die Finanzierung hinzu, der Verbraucher:innen verunsichert. Dem revolutionären Angebot droht schon wieder das Aus. Um das Deutschlandticket in seiner jetzigen Form und die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht zu gefährden, müsse die Bundesregierung dafür sorgen, dass der Preis bis 2030 stabil bleibe, fordert der vzbv.

Diese Projekte müssen dringend umgesetzt werden

Fernwärme muss verbraucherfreundlicher werden: Um Vertrauen in die Fernwärme zu stärken, muss der Markt transparenter werden. Der vorgelegte Entwurf der Bundesregierung enthalte einige Fortschritte für private Verbraucher:innen. Was aus Verbrauchersicht aber fehle, ist die zentrale Preisaufsicht bei einer Bundesbehörde, bilanziert der vzbv.

Schutz vor ungewollten Verträgen: Ein echtes Ärgernis für Verbraucher:innen bleiben telefonisch untergeschobene Verträge: Die Marktbeobachtung des vzbv hat allein im Jahr 2023 mehr als 11.000 Beschwerden dazu registriert. „Die Bundesregierung muss endlich eine allgemeine Bestätigungslösung für telefonisch geschlossene Verträge einführen, und zwar für alle Branchen. Wer nach einem Telefonat nichts bestätigt hat, sollte auch nichts zahlen müssen“, sagt Pop.

An Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung regulieren: Seit über einem Jahr liegen zwar Eckpunkte für eine Regulierung vor; auf einen Gesetzentwurf hat sich die Bundesregierung aber immer noch nicht einigen können. Die angedeuteten Kompromisslinien der Bundesregierung verwässern die einst ambitionierten Eckpunkte. Es sei wichtig, dass der Prozess jetzt zügig vorangehe, ein umfangreicher Referentenentwurf vorgelegt werde und in die Abstimmung gehe, so der vzbv.

In seinem Politikcheck bewertet der vzbv regelmäßig, wie weit verbraucherpolitische Vorhaben bislang umgesetzt wurden. Mit dem interaktiven Webtool können Sie sich jederzeit über den Stand der Dinge informieren.

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