Saarbrücker Fernwärme – Verbraucherzentrale wendet sich an Energiekartellbehörde

Stand:
Die Frist ist vorbei, der Unmut bleibt: Im Fall Energie SaarLorLux fordert die Verbraucherzentrale Saarland die saarländische Energiekartellbehörde zur Prüfung mehrerer strittiger Punkte auf, die sich aus Verbraucher-Perspektive rund um die kurzfristige Umstellung der Fernwärmeverträge ergeben.
Energieerzeugungsanlagen der Energie SaarLorLux
Im Heizkraftwerk und dem Gasmotorenkraftwerk an der Römerbrücke erzeugt Energie SaarLorLux Strom und Fernwärme.
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Ein Brief von Energie SaarLorLux hat Anfang September alle Fernwärme-Kunden des Saarbrücker Energieversorgers erreicht. Darin enthalten: Die außerordentliche Kündigung des bestehenden Fernwärme-Vertrags zum 30. September sowie ein neues Vertragsangebot zu veränderten Konditionen ab 1. Oktober 2024. Nach eigener Aussage des Unternehmens seien Kündigung und Neuabschluss der Verträge dadurch notwendig, dass sich die „Bezugs- und Erzeugungssituation des Wärme-Direktservice Fernwärme […] erheblich geändert“ habe. Dadurch ergebe sich eine veränderte Wärmepreisformel, die zu höheren Preisen für Fernwärme führe.

Die Verbraucherzentrale Saarland empfiehlt:

Wer den neuen Vertrag mit Energie SaarLorLux unterzeichnet, sollte zugleich ausdrücklich dazu schreiben, diesen nur deshalb abzuschließen, weil momentan keine andere Heizmöglichkeit bestehe. Und weiterhin dass er sich die Rückforderung von zu viel bezahlten Entgelten ausdrücklich vorbehalte, sollte sich bestätigen, dass die außerordentliche Kündigung sowie die neuen AGB mitsamt der Preiserhöhung unwirksam sind.

Verbraucherzentrale Saarland fordert ESLL zur Rücknahme der außerordentlichen Kündigung auf

Mit einem Schreiben vom 5. September fordert die Verbraucherzentrale Saarland den Energieversorger Energie SaarLorLux dazu auf, die außerordentliche Kündigung der bestehenden Kundenverträge aus dem Bereich der Fernwärme bis zum 12. September zurückzunehmen. Unter anderem wird die Art und Weise des Kundenumgangs kritisiert. Die Verbraucherzentrale Saarland bezweifelt, dass Gründe für eine solch harte Vorgehensweise wie eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Die Aufforderung kann hier nachgelesen werden. 

ESLL lehnt Forderung ab und bleibt bei bisherigem Standpunkt 

Leider ist Energie SaarLorLux der Aufforderung, die außerordentlichen Kündigungen zurückzunehmen, nicht nachgekommen. Das Antwortschreiben vom 11. September können Sie hier im Wortlaut nachlesen. Die Verbraucherzentrale Saarland ist nach wie vor der Rechtsauffassung, dass die außerordentlichen Kündigungen unwirksam sind und damit die bestehenden Verträge nicht zum 30. September beendet werden.  

Verbraucherzentrale wendet sich an Energiekartellbehörde

„Im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher möchten wir die Diskussion um Energiemonopole, in diesem Fall im Saarbrücker Raum, aufmachen und nachhaltig klären, inwiefern Fernwärmekunden der Art der Preisgestaltung und dem Auftreten des Energieversorgers ausgeliefert sind,“ formuliert Martin Nicolay, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Saarland, das Ansinnen der gemeinnützigen Organisation. Daher gebe man die Klärung dieser Punkte an die zuständige Behörde ab, die als einzige über die Befugnisse verfügt, die entsprechenden Informationen einzuholen.

Die Hauptaufgabe der saarländischen Energiekartellbehörde besteht darin, zu überwachen, ob unter anderem Unternehmen der Versorgungswirtschaft (Strom, Gas, Wärme und Wasser, ausgenommen ihrer Versorgungsnetze) das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) einhalten. Neben dieser Überwachungsfunktion besitzt sie eine Aufsichtsfunktion, die ausschließen soll, dass „marktbeherrschende Energie- und Wasserversorgungsunternehmen“ ihre Monopolstellung ausnutzen.

Diese Punkte werden unter anderem angezweifelt:

  • die außerordentliche Kündigung mit einer Frist von lediglich vier Wochen, obwohl die der Kündigung zugrunde liegenden Tatsachen bereits seit mindestens zwei Jahren bekannt waren,
  • die Preissteigerungen bei der Fernwärme, obwohl sich die Erzeugungsstruktur nach Einschätzung der Verbraucherzentrale nicht wesentlich verändert haben dürfte. Verändert haben sich im relevanten Zeitraum allerdings die Rohstoffpreise von Gas. Während die Preisschwankungen jedoch nur begrenzt an die Gas- beziehungsweise Stromkunden weitergegeben wurden, unterlagen die Fernwärmepreise jeglichen Marktveränderungen. Daher stelle sich die Frage, ob das lokale Fernwärme-Monopol eventuell dazu genutzt werde, die Wettbewerbsfähigkeit in den anderen Sparten zu gewährleisten.
  • die Angemessenheit des Verhältnisses der steigenden Fernwärmepreise zu den anfallenden Kosten, obwohl zum einen der Fernwärmeabsatz seit 2021 um rund 20 Prozent zurückgegangen ist und sich zum anderen die Renditen von Umsatz und Eigenkapital zwischen 2021 und 2023 teils enorm gesteigert haben. 

Wer Rat sucht, kann sich dienstags und donnerstags zwischen 10 und 12 Uhr an unsere kostenfreie Rechtsberatungshotline unter 0681 500 89-50 wenden. Da die Nachfrage generell sehr hoch ist, gibt es weiterhin die Möglichkeit einen Termin online zu buchen oder zu bestimmten Zeiten telefonisch zu vereinbaren.  Die Preise der Beratungstermine entnehmen Sie bitte unserer Preisliste

Wie kann ich meine Fernwärmekosten trotz hohem Fernwärmepreis niedrig halten?

Verbraucher:innen können bereits mit wenigen Kniffen selbst Einfluss auf ihren Fernwärmeverbrauch ausüben. Nötig sind dazu lediglich die Anpassung des Heiz- und Lüftungsverhaltens sowie eine Optimierung der Einstellungen am Heizungssystem. Folgende Maßnahmen können dabei helfen:

1. Anschlusswert reduzieren lassen.

Der Fernwärmepreis der meisten Anbieter setzt sich aus einem Arbeitspreis und einem Leistungspreis zusammen. Während der Arbeitspreis vom Verbrauch abhängig ist, richtet sich der Leistungspreis nach der Anschlussleistung pro Kilowatt. In vielen Fällen ist dieser Anschlusswert jedoch zu hoch angesetzt. Fernwärmekunden besitzen das Recht, einmal pro Jahr die Wärmeleistung anpassen zu lassen.

2. Einstellungen am Heizungssystem verbessern.

Auch das Heizungssystem bietet Möglichkeiten zum Eingriff. Überprüft werden sollten deshalb neben der Warmwassertemperatur im Speicher auch die Heizkurve, die Rohrleitungsdämmung sowie der eingestellte Tag- und Nachtbetrieb. Ein hydraulischer Abgleich ist eine weitere sinnvolle Maßnahme, um dauerhaft sparsamer zu heizen. Denn durch den Austausch von Heizkörpern kann der Wasserdurchfluss im Heizungssystem verringert und mit niedrigerer Vorlauftemperatur geheizt werden. Alle Optimierungsmaßnahmen werden mit 15 Prozent über die „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ des BAFA bezuschuss – auch Gebäude mit Fernwärmeanschluss.

3. Raumtemperaturen überprüfen und gegebenenfalls reduzieren.

Ein großes Einsparpotenzial bieten veränderte Raumtemperaturen. Bereits die Absenkung um ein Grad Celsius verringert den Heizenergieverbrauch um 6 Prozent. Bei Abwesenheit oder nachts kann die Absenkung der Temperatur gebäudezentral veranlasst werden. Zudem sollten nur genutzte Räume beheizt werden. Die nicht beheizten Räume sollten jedoch eine Mindesttemperatur von 16 Grad aufweisen und regelmäßig gelüftet werden, damit keine Feuchtigkeit kondensiert und zu Schimmelbildung führt. Mehrmals tägliches, kurzes Stoßlüften bei vollständig geöffneten Fenstern ist ausreichend.

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