Zahlreiche große Händler wie Aldi, Edeka oder Lidl wollen in Zukunft kein Fleisch der Haltungsform 1 mehr anbieten, längerfristig sogar nur noch 3 und 4. Nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind solche Schritte in Richtung mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung dringend überfällig.
Nachdem der Handel bei Fleisch jahrzehntelang auf Niedrigpreis- und Lockvogelangebote gesetzt hat, wollen Aldi (Nord und Süd) und Lidl Frischfleisch von Schweinen, Rindern, Hühnern und Puten, die nur nach den gesetzlichen Mindestanforderungen gehalten wurden ("Haltungsform 1 Stallhaltung"), bis 2025 aus ihren Filialen verbannen; Edeka will "kurzfristig" dasselbe tun. Erst später soll dann auch Haltungsform 2 aus den Geschäften verschwinden.
Der Verzicht auf Haltungsform 1 bringt aus Sicht der Verbraucherzentralen das Tierwohl nicht deutlich nach vorne. Der aktuelle, gesetzliche Mindeststandard der Tierhaltung steht wegen Tierschutzdefiziten stark in der Kritik – und das nicht nur von Tierschützern, sondern auch von Agrarexperten. Tatsächlich werden unter den Bedingungen dieser "Haltungsform 1 Stallhaltung" aktuell etwa 90 Prozent der Nutztiere in Deutschland gehalten. Und Haltungsform 2 des Handels ist diesen Bedingungen gegenüber kein deutlicher Fortschritt.
Erst der zweite Schritt, auch auf Haltungsform 2 zu verzichten, wäre ein Weg hin zu deutlich mehr Tierwohl in der Tierhaltung. Damit liegt das aus unserer Sicht wichtigere Datum ein Stück weiter in der Zukunft: Die beiden Aldis, Penny und Rewe haben mitgeteilt, dass sie ab 2030/31 nur noch Frischfleisch von den genannten Tierarten anbieten, das aus den Haltungsformen 3 ("Außenklima") und 4 ("Premium") stammt. Und auch Edeka plant das "längerfristig". Während Aldi diese Ankündigung auf das gesamte Frischfleisch bezieht, gilt das bei Penny und Rewe nur für die Eigenmarken.
Auch andere Händler wollen ihr Fleischangebot nachbessern. So haben Kaufland und Lidl versprochen, ihr Frischfleischangebot aus den Haltungsformen 3 und 4 auszubauen.
Verbraucherzentralen fordern: Alle Handelsunternehmen müssen mitmachen
Nach Ansicht der Verbraucherzentralen sind solche Schritte in Richtung mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung dringend überfällig, und auch die übrigen Handelsunternehmen müssen sich anschließen. Denn seit Jahren nimmt die Zahl der Verbraucher:innen zu, die wollen, dass Tiere gut und gesünder leben, bevor sie geschlachtet werden.
Deutlich verbesserte Lebensbedingungen gibt es erst ab Haltungsform 3 - doch bisher stammt mehr als die Hälfte des Fleischangebots aus der Haltungsform 1 und mehr als ein Drittel aus der Haltungsform 2, wie ein bundesweiter Marktcheck der Verbraucherzentralen im Sommer 2020 gezeigt hat. Nur bei etwa 13 Prozent waren es die Haltungsformen 3 und 4.
Die Händler dürfen sich nicht aufs Frischfleisch beschränken
Schweine und Rinder bestehen nicht nur aus Schnitzeln, Filets & Steaks und Hühner und Puten nicht nur aus Brustfilet. Um die geschlachteten Tiere möglichst weitgehend zu verwerten, sollten Verarbeiter und Händler verpflichtet werden, die übrigen Teilstücke in Wurst und anderen verarbeiteten Produkten zu verwenden und dabei ebenfalls die Haltungsform und Herkunft anzugeben. Kaufland, Lidl und Rewe haben entsprechende Schritte angedeutet, jedoch nur für Teile des Sortiments und im Wesentlichen nur eine Umstellung auf Haltungsform 2. Andere Händler schweigen sich dazu bislang aus.
Auch für Verbraucher:innen ist diese möglichst umfängliche Verwertung der Tiere aus den Haltungsformen 3 und 4 wichtig, damit die Kosten für das Frischfleisch für alle bezahlbar bleiben - Haushalte mit niedrigeren Einkommen dürfen durch die höheren Fleischpreise nicht unangemessen hoch belastet werden. Denn nur wenn man die höheren Kosten der Tierhaltung auf das gesamte Tier umlegt, lässt sich ein unverhältnismäßiger Preisanstieg beim Frischfleisch vermeiden.